2. Juni 2015

Plausibilitätskontrollen

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sind verpflichtet im Rahmen von Stichproben Plausibilitätskontrollen der Abrechnung durchzuführen. Klassisches Thema sind hierbei z.B. die Überprüfung von Patientenübereinstimmungen zwischen Praxen, die nicht als Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) angemeldet sind (hier gelten z.B. Patientenübereinstimmungen von >20% als auffällig). Aber auch die Arbeitszeiten der niedergelassenen Kollegen werden regelmäßig überprüft. Hier gilt für selbstständig Tätige, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von > 60 Stunden für einen Inhaber einer vollen Zulassung auffällig ist. Dies wird über die Quartalsabrechnung anhand der im einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) hinter fast jeder Ziffer liegenden Prüfzeit errechnet.

Ab 2013 haben sich einige wenige deutsche KV´en berufen gefühlt, bei angestellten Ärzten mit voller Zulassung mit Berufung auf Arbeitsverträge die als unauffällig geltende Prüfzeit von 60 auf 40 Stunden zu reduzieren. Dies führte zu der absurden Situation, dass selbstständig Niedergelassene mit einem vollen Sitz und in Vollzeit angestellt Arbeitende auf einem vollen Sitz zwar jeweils einen vollen Versorgungsauftrag zu bedienen hatten, also auch die Versorgung gleicher Patientenzahlen erwartet wurde, aber nur ein Drittel weniger EBM-Leistungen abrechnen konnten. Auch das Szenario, dass ein selbstständig niedergelassen tätiger Kollege mit einer überdurchschnittlichen Patientenzahl, der seinen Sitz in ein MVZ oder einen andere Form der BAG einbringt und sich anstellen lässt nur noch zwei Drittel der Leistungen erbringen und damit des Umsatzes erzielen kann, wie in eigener Praxis, zeigt die Absurdität dieses Vorgehens.

Man musste den Eindruck gewinnen, dass dies einzig zum Zwecke der Verhinderung kooperativ arbeitender BAG umgesetzt wurde, denn durch die Auffälligkeit konnte und wurde von der KV Berlin Honorar in erheblichem Maße einbehalten. Hierbei hatte auch der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Dies führte in Teilen zur Existenzgefährdung einzelner BAG.

Nachdem die ersten Widersprüche gegen dieses Vorgehen der KV im Widerspruchsausschuss auftauchten, wurde die Sachlage dort sehr intensiv von uns diskutiert. Hier war am Anfang die Sachlage für die Kollegen im Widerspruchsausschuss, die einzeln niedergelassen sind, sehr unklar, da die Argumentation der KV mit dem Bezug auf die arbeitsvertraglich geregelte Arbeitszeit von 40 Stunden logisch erschien. Nach Erläuterung der tatsächlichen Situation intern wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses Herr Pütz als Justitiar der KV eingeladen, um die Position der KV zu erläutern.

Letztlich war aber für alle fünf Kollegen des Widerspruchsausschusses die Sachlage so offensichtlich, dass den Widersprüchen der Kollegen gegen den KV-Bescheid stattgegeben wurde, soweit nicht die 60h überschritten waren. Zumal auch in der zu diesem Zeitpunkt bereits kursierenden Vorlage zum GKV-VSG explizit eine Gleichstellung von angestellten und selbstständig tätigen Ärzten vorgegeben wurde. Durch diese Vorgehensweise konnte eine flächendeckende Anwendung dieser kontraproduktiven Plausibilitätsprüfung in Berlin weitestgehend verhindert werden, auch wenn die ersten „Geprüften“ sich nun im Rechtsstreit um das einbehaltene Geld mit der KV befinden.

Wir empfehlen von Seiten des Ausschusses kein Herunterrechnen der EBM-Prüfzeiten (nach dem Motto, ich kann die Abdomensonografie aber in 5 Minuten absolvieren). Eine konsequente Überprüfung der wöchentlichen Abrechnungszeit von maximal 60h als Kriterium angewendet erspart spätere Auseinandersetzungen um die Honorierung mit den Krankenkassen .

Dieser erfolgreiche Widerstand gegen eine durch den KV-Vorstand initiierte Kampagne gegen BAG/MVZ ist letztlich durch die Wahl der Liste „Kooperation ist Zukunft“ in die Vertreterversammlung und die dadurch bedingte Beteiligung in fast allen KV-Ausschüssen bedingt und zeigt, wie wichtig es ist, dass das Wissen um die Besonderheiten von BAG/MVZ in die VV und die Ausschüsse getragen wird, um eine objektive Beurteilung der Sachlage zu erreichen und die Sorge der Kollegen vor dem „Unbekannten“ aufzulösen.

Aus diesem Grund brauchen wir alle Unterstützung für die im Jahr 2016 anstehende Wahl zur Vertreterversammlung, um der wachsenden Zahl und Bedeutung von angestellten und selbstständigen Kolleginnen und Kollegen, die in BAG/MVZ arbeiten, eine noch stärkere Stimme verleihen zu können und für ein kooperatives Miteinander aller Kolleginnen und Kollegen innerhalb und außerhalb der KV zu arbeiten.